7-Punkte-Programm zur finanziellen Hilfe von Land und Bund.
Die Bürgermeisterin und Finanzdezernentin der Landeshauptstadt Saarbrücken, Barbara Meyer-Gluche, weist auf die drastischen Auswirkungen der Corona-Krise auf den städtischen Haushalt hin. Die Kommunen bräuchten jetzt schnelle Hilfe von Bund und Land.
Meyer-Gluche: „Zum Ausmaß des Einnahmeeinbruches gibt es lediglich vage Prognosen. Klar ist, dass Kommunen überproportional stark von einem Einbruch der Steuereinnahmen betroffen sein werden. Das zeigen Erfahrungen aus der Finanzkrise. Bei einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von sechs Prozent rechnet die Bundesregierung in ihrem Nachtragshaushalt mit Steuermindereinnahmen von rund zehn Prozent. Das muss als eher optimistisches Szenario angesehen werden. Je nach Prognose des wirtschaftlichen Einbruchs, der von der Dauer des Lock-Downs abhängt, müssen wir uns in Saarbrücken auf Steuermindereinnahmen in Höhe von 15 bis 30 Prozent, also von rund 65 bis 130 Millionen Euro, einstellen.“
Auf der anderen Seite verursache die Corona-Krise höhere Ausgabebedarfe. Neben den kurzfristigen Bedarfen im Rahmen des Arbeits- und Zivilschutzes gehörten dazu insbesondere höhere Sozialausgaben, vor allem bei den Kosten der Unterkunft, die die Landeshauptstadt über die Regionalverbandsumlage treffen werden. „Auch unsere kommunalen Unternehmen sind betroffen. Mit unserem Winterberg-Klinikum stehen wir hierbei vor ganz besonderen Herausforderungen. Schon jetzt ist das Krankenhaus in größten finanziellen Schwierigkeiten, weil auf Bitte des Bundesgesundheitsministers Kapazitäten freigehalten und zusätzliche Beatmungsplätze geschaffen wurden. Ein finanzieller Ausgleich seitens des Bundes und des Landes lässt dabei auf sich warten“, so Meyer-Gluche.
Die beschriebenen Probleme aus der Corona-Krise träfen alle Kommunen in Deutschland. Klar sei aber auch, dass strukturschwache Kommunen es viel schwerer haben, diese Krise zu meistern. Meyer-Gluche: „Die Kommunen in Deutschland gehen ungleich in die Krise hinein. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Ungleichheit der Lebensverhältnisse durch diese Krise noch größer wird.“
Die Finanzdezernentin fordert als Sofortmaßnahme ein 7-Punkte-Programm von Land und Bund:
1. Klarheit über Vorgaben des Saarlandpaktes in der aktuellen Krise schaffen
Wir brauchen schnellstmöglich Klarheit über die Geltung der Vorgaben des Saarlandpaktes in der Krisensituation. Das Saarlandpaktgesetz sieht in § 8 Absatz 5 die Möglichkeit einer außergewöhnlichen Notsituation vor, in der die Vorgaben nicht zwingend sind. Es muss klargestellt werden, dass diese Regelung für die derzeitige Krise gilt und dass für die absehbar entstehenden Fehlbeträge entsprechende Ausnahmen gelten.
2. Investitionskreditrahmen schnell genehmigen und künftig erhöhen
Der Haushalt 2020 der Landeshauptstadt ist vom Land bisher noch nicht genehmigt. Neue Investitionsmaßnahmen können somit nur sehr eingeschränkt begonnen werden. Gerade in dieser Krise ist es von größter Bedeutung, dass strukturschwache Kommunen nicht noch weiter abgehängt werden und in ihre Infrastruktur investieren. Wir brauchen daher jetzt eine schnelle Genehmigung. Darüber hinaus ist die Investitionstätigkeit der öffentlichen Hand zentral, wenn es darum geht, eine Rezession abzufedern. Insofern wäre es gesamtwirtschaftlich sinnvoll, seitens des Landes den Investitionskreditrahmen künftig zu erhöhen.
3. Krankenhausfinanzierung sicherstellen
Das Winterberg-Klinikum ist von Bund und Land dazu aufgefordert worden, planbare Operationen zu verschieben und auf nicht notwendige Operationen zu verzichten. Das führt dazu, dass dem Klinikum Einnahmen fehlen und akute finanzielle Probleme bestehen. Die Bundesregierung hat in ihrer Aufforderung zugesagt, dass kein Klinikum hierdurch in ein Defizit gerät. Das Winterberg-Klinikum ist in der Landesplanung ein Level 1 Covid-19-Krankenhaus. Bund und Land sind aufgefordert, durch schnelle Hilfe die Liquidität des Klinikums zu sichern.
4. Maßnahmen zur Zinssicherung ergreifen
Mit der Dauer des Lock-Downs und der Stärke des wirtschaftlichen Einbruchs steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Liquidität auf dem Markt knapper wird und gerade die Kreditfinanzierung von Kommunen mit hoher Verschuldung und schwieriger Haushaltslage mit höheren Kosten einhergeht. Dazu braucht es eine Lösung, die langfristig niedrige Zinsausgaben und den Zugang zum Kreditmarkt sichert. Hier könnten Land oder Bund einspringen, um gemeinsame Anleihen zu begehen oder direkt als Kreditgeber zu fungieren.
5. Abruf von Fördermitteln vereinfachen – Kommunale Kofinanzierung aussetzen
Um die öffentliche Investitionstätigkeit anzukurbeln, ist es notwendig, dass jetzt der Abruf von Fördermitteln vereinfacht und attraktiver gemacht wird. Die Vereinfachung muss sich sowohl auf das Antragsverfahren als auch auf die Dauer und die Höhe der Kofinanzierung beziehen. Land und Bund könnten als Sofortmaßnahme für einen zu bestimmenden Zeitraum auf die Kofinanzierung der Kommunen verzichten und die Laufzeiten bis auf weiteres verlängern.
6. Höhere Beteiligung an den Kosten der Unterkunft
Durch die Corona-Krise werden die Sozialausgaben, insbesondere die Kosten der Unterkunft, absehbar drastisch steigen. Dies gilt in allen Kommunen, trifft aber strukturschwache Kommunen ganz besonders. Die Kosten der Unterkunft werden vom Regionalverband finanziert, der diese wiederum über die Regionalverbandsumlage auf die Kommunen umlegt. Auch unabhängig von der Corona-Krise wäre eine höhere Beteiligung an den Kosten der Unterkunft eine gute Maßnahme, um gleichwertigere Lebensverhältnisse herzustellen.
7. Übernahme von kommunalen Altschulden durch den Bund jetzt!
Der Bundesfinanzminister hatte angekündigt, die Hälfte der kommunalen Altschulden in die Bundesschuld zu übernehmen, wenn es hierzu einen nationalen Konsens gibt. Es besteht die große Gefahr, dass diese Diskussion nun in der Krise untergeht, andere Maßnahmen in den Vordergrund treten und sich das Zeitfenster einer Altschuldenlösung wieder schließt. Die Übernahme der kommunalen Altschulden muss eine Maßnahme zur Unterstützung der Kommunen in der Corona-Krise sein. Jetzt ist die Zeit, die dringend nötige Altschuldenlösung seitens des Bundes umzusetzen.
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