Urteil: Land gewinnt 2. Instanz im Millionenprozess um htw-Hochhaus

Oberlandesgerichts des Saarlandes (OLG) fällt das Urteil in der Berufungsinstanz.  Urteil: Land gewinnt 2. Instanz im Millionenprozess um htw-Hochhaus

Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts in dem Berufungsverfahren über Vergütungsansprüche gegen das Saarland im Zusammenhang mit dem Umbau des HTW-Hochhauses
Der 2. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts hat mit heute verkündetem Urteil (Az.: 2 U /18) die Berufung der Klägerin – der Arbeitsgemeinschaft ARGE HTW Saar-brücken (ARGE HTW) – zurückgewiesen und damit das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 23. Oktober 2018 (Az. 104/17), mit dem die Klage der ARGE gegen das Saarland wegen zusätzlicher Vergütungsansprüche in einer Größenordnung von 10 Millio-nen Euro im Zusammenhang mit der Fertigstellung des HTW-Hochhauses abgewiesen worden war, bestätigt.
Die den Streitfall auslösenden Mehrkosten waren zur Umsetzung von Brandschutzmaß-nahmen angefallen, die durch die Baugenehmigungsbehörde zur Nutzung des Gebäudes als Versammlungsstätte angeordnet worden waren. Das Brandschutzkonzept der ARGE war zunächst von der Nichtanwendbarkeit der Versammlungsstättenverordnung ausgegan-gen und hatte dementsprechend eine Beschränkung auf 200 gleichzeitig anwesende Be-sucher in den Hörsälen und Seminarräumen des HTW-Hochhauses vorgesehen. In der Folgezeit war das Brandschutzkonzept wiederholt im Hinblick auf eine höhere Besucher-zahl geändert worden und hatte in der zuletzt von der Unteren Bauaufsichtsbehörde ge-nehmigten Version erhebliche Zusatzarbeiten erforderlich gemacht, hinsichtlich derer die ARGE mit ihrer Klage erfolglos die Feststellung der Vergütungspflicht des Saarlandes ins-besondere auf der Grundlage einer zwischen der ARGE und dem Saarland im Jahr 2016 getroffenen Vereinbarung begehrt hat.
Der 2. Zivilsenat ist – ebenso wie das Landgericht – davon ausgegangen, dass die im Jahr 2016 zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung eine etwaige Vergütungspflicht für die erforderlich gewordenen Zusatzarbeiten von dem ursprünglichen Bau-Soll abhängig gemacht hat. Eine zusätzliche Vergütung sei daher nicht geschuldet gewesen, wenn die durch die Baugenehmigungsbehörde zuletzt angeordneten Brandschutzmaßnahmen von dem ursprünglich vereinbarten Leistungsumfang umfasst gewesen seien und die durch die Klägerin vorgesehene Nutzungsbeschränkung auf 200 gleichzeitig anwesende Besucher in Hörsälen und Seminarräumen nicht dem Bau-Soll entsprochen habe. In diesem Zusam-menhang hat der erkennende Senat die gesamten Vertragsunterlagen und insbesondere die der Ausschreibung zu Grunde liegende (funktionale) Leistungsbeschreibung herange-zogen und ist – auch unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände des Zustandekom-mens des Vertrags – zu dem Auslegungsergebnis gelangt, dass Leistungsgegenstand von vornherein die Planung und Errichtung des HTW-Hochhauses unter Beachtung der brand-schutzrechtlichen Vorgaben der Versammlungsstättenverordnung war und die durch die Klägerin vorgesehene Nutzungsbeschränkung nicht vereinbart war. Auf Grund des Um-stands, dass die Klägerin ausdrücklich das Genehmigungsrisiko übernommen habe und eine Erhöhung der Vergütung für Änderungen an der Planung und Realisierung auf Grund von behördlichen Anordnungen grundsätzlich vertraglich ausgeschlossen gewesen sei, seien die durch die Untere Bauaufsichtsbehörde angeordneten Brandschutzmaßnahmen von der Pauschalpreisabrede umfasst gewesen. Die angeordneten Brandschutzmaßnah-men selbst seien im Hinblick auf die infolge Widerspruchsrücknahme durch die Klägerin eingetretene Bestandskraft der Baugenehmigung einer Überprüfung durch den Senat ent-zogen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die auf Grund der Anordnungen in der Bau-genehmigung erforderlichen Planungs- und Bauleistungen auch nicht deshalb von der ur-sprünglichen Vergütungsabrede ausgenommen, weil – beispielsweise durch die Errichtung zusätzlicher Treppenhaustürme – eine Erweiterung des Gebäudekörpers erfolgt sei. Inso-weit sei zu berücksichtigen, dass die funktionale Leistungsbeschreibung, die sowohl eine Übertragung der Planung als auch der Realisierung des Bauvorhabens auf die Klägerin
vorgesehen habe, keine zwingenden vertraglichen Kriterien in Form der Einhaltung eines bestimmten Baufensters oder eine Unveränderbarkeit der Gebäudehülle beinhaltet habe.
Schließlich könne sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass die auf Grund der Bau-genehmigung erforderlich gewordenen kostensteigernden Änderungen auch bei sorgfäl-tigster Prüfung unvorhersehbar gewesen seien. Dass sich während der Umsetzung des Bauvorhabens eine Zuständigkeitsverlagerung hinsichtlich der Entscheidung über die Zu-lassung von brandschutzrechtlichen Abweichungen ergeben und die Baugenehmigungs-behörde höhere Anforderungen an den Brandschutz als ein zuvor in diesem Zusammen-hang zuständiger Prüfsachverständiger gestellt hat, werde – ebenso wie z. B. ein Wechsel des Sachbearbeiters innerhalb der zuständigen Behörde – von dem durch die Klägerin übernommenen Genehmigungsrisiko umfasst.
Eine Anpassung der Vergütung der Klägerin komme auch nicht nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht, da die Parteien eine vertragliche Risi-koverteilung vorgenommen hätten, auf Grund derer die Klägerin nicht nur das Genehmi-gungsrisiko, sondern auch das Risiko, ohne Anspruch auf eine Mehrvergütung behördliche Auflagen umsetzen zu müssen, übernommen habe.
Soweit die Klägerin ihr Klagebegehren mit einem nach Schluss der mündlichen Verhand-lung eingereichten Schriftsatz auf einen Schadensersatzanspruch wegen einer nach ihrem Dafürhalten unklaren Ausschreibung gestützt hat, war dieses Vorbringen nicht mehr be-rücksichtigungsfähig.

text.Oberlandesgericht des Saarlandes
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