Innenminister Klaus Bouillon zufrieden.
Am heutigen Dienstag, 6. Oktober 2020, wurde das „Gesetz zur Neuregelung der polizeilichen Datenverarbeitung im Saarland“ im Landtag verabschiedet. Die neuen Regelungen verbessern durch moderne Eingriffsbefugnisse die Handlungsmöglichkeiten der Polizei im Kampf gegen Kriminelle und Terroristen und stärken die Bürgerrechte durch einen verbesserten Datenschutz. Darüber hinaus bedeutet insbesondere der nunmehr mögliche Einsatz von Körperkameras (sog. Body-Cams) in Wohnungen für die Polizei einen besseren Schutz.
„Diese Änderung ist richtungsweisend, denn das neue Gesetz bietet mehr Einsatzmöglichkeiten für unsere Polizei und somit mehr Sicherheit für uns alle“, sagt Innenminister Klaus Bouillon. „Vor allem die Weiterentwicklung des Einsatzbereichs der Body-Cams zum Schutz unserer Beamtinnen und Beamten bei Einsätzen in Wohnungen war und ist für mich ein persönliches Anliegen. Deshalb bin ich sehr zufrieden, dass die Regierungskoalition hier eine Einigung gefunden haben.“
Gerade bei dem kontrovers diskutierten Einsatz von Body-Cams in Wohnungen habe man es sich nicht leichtgemacht, so Minister Klaus Bouillon. Es geht dabei um die Unverletzlichkeit der Wohnungen (Artikel 13 des Grundgesetzes), ein enorm wichtiges Rechtsgut, das nur unter sehr engen Voraussetzungen eingeschränkt werden darf.
Nach den guten Erfahrungen mit der Body-Cam, die ja schon in der Öffentlichkeit und öffentlich zugänglichen Räumen eingesetzt werden darf, hat man geprüft, wie und wann dieses wirkungsvolle technische Mittel auch in Wohnungen eingesetzt werden kann. Jede weitere Verarbeitung der aufgezeichneten Daten steht unter Richtervorbehalt.
Innenminister Bouillon: „Ich freue mich, dass mit der Verabschiedung des SPolDVG alle Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag von CDU und SPD umgesetzt worden sind, alles auf rechtsstaatlicher Grundlage und unter Beachtung von Vorgaben des Datenschutzes – Body-Cams in Wohnung, Automatische Kennzeichenlesesysteme, Videoüberwachung, Quellen-TKÜ und elektronische Fußfessel. Zudem konnte mit der Einführung des sog. Durchsetzungsgewahrsams auch eine wichtige Regelungslücke zur Durchsetzung – z. B. von Platzverweisen – geschlossen werden.“
Die einzelnen Neuerungen im Überblick:
Durchsetzungsgewahrsam:
Die Ergänzung des § 13 des Saarländischen Polizeigesetzes versetzt die Vollzugspolizei in die Lage, ihre Anordnungen auch gegen renitente Personen durchzusetzen: Bislang stehen bei dem Personenkreis lediglich die Zwangsmittel Zwangsgeld und unmittelbarer Zwang zur Verfügung. Die zulässige Anwendung unmittelbaren Zwangs durch Entfernung der Adressatinnen und Adressaten stößt an ihre Grenzen, wenn die polizeilichen Störer sich kurz danach wieder entgegen dem Platzverweis bzw. Aufenthaltsverbot an den Ort des Geschehens zurückbegeben und die Gefahrenlage erneut heraufbeschwören. In dieser Konstellation ist eine Durchsetzung der angeordneten polizeilichen Maßnahmen nach der bisherigen Rechtslage im Saarland kaum möglich. Der Durchsetzungsgewahrsam hingegen eröffnet die Möglichkeit, solche Personen in Gewahrsam zu nehmen bis die Gefahrenlage beendet ist.
Videoüberwachung:
Die Polizei darf künftig auch Ansammlungen und Veranstaltungen per Videoaufzeichnung überwachen, wenn durch diese Veranstaltungen erfahrungsgemäß größere Gefahren ausgehen oder diese Veranstaltungen von terroristischen Gefahren bedroht sind. Bisher mussten dafür „tatsächliche Anhaltspunkte“ die Annahme rechtfertigen, dass Personen dort Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung begehen.
Zudem soll die Videoüberwachung an Kriminalitätsbrennpunkten in Zukunft auch ohne einen konkreten Anlass ermöglicht werden. Bei Veranstaltungen wie z. B. Weihnachtsmärkten, oder Stadtfesten oder an Orten an denen oftmals Straftaten begangen werden, kann zukünftig – wie in anderen Ländern auch und sofern eine Gefahr vorliegt – Videoüberwachung eingesetzt werden, u.a. auch um mögliche Anschläge auf solche Veranstaltungen und Orte zu verhindern.
Kfz-Kennzeichenerfassung:
In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird eine verfassungskonforme Regelung zum automatisierten Abgleich von Fahrzeugkennzeichen ermöglicht. Fahrzeugkennzeichen sollen automatisiert mit den zur polizeiliche Beobachtung oder Fahndung ausgeschriebenen Kennzeichen abgeglichen werden können.
Damit sollen zum Beispiel Kfz-Diebstähle besser aufgeklärt und das Verbringen der Fahrzeuge aus dem Saarland ins Ausland verhindert werden. Kommt es
z. B. im Saarland zu einem Diebstahl eines Pkw oder sind die Kennzeichen eines von Straftätern genutzten PKW bekannt (z.B. bei überregionalen Wohnungseinbruchsbanden), können die Kennzeichenlesesysteme auf den möglichen Fluchtwegen (wie bspw. auf der Autobahn) aufgestellt und scharf geschaltet werden, d. h. mittels Videotechnik erfolgt ein Abgleich der vorbeifahrenden Kennzeichenschilder mit dem im System hinterlegten Kennzeichen des gestohlenen Fahrzeugs.
Fährt das zur präventiv-polizeilichen Fahndung ausgeschriebene Fahrzeug an diesem Gerät vorbei, erhält die Polizei einen Alarm und kann gezielt nach dem Fahrzeug fahnden und die Polizei in Rheinland-Pfalz oder in Frankreich informieren. Alle anderen Kennzeichen sind für das System irrelevant und werden nach Abgleich direkt und automatisch gelöscht.
Diese Befugnis hatte die Saar-Polizei 2007 schon einmal, allerdings wurde die Befugnis nie angewandt, weil das Bundesverfassungsgericht 2008 ähnliche Regelungen anderer Länder für verfassungswidrig erklärte. 2014 wurde der Passus daher wieder aus dem Polizeigesetz gestrichen. Die aktuelle Regelung berücksichtigt auch die neueste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und ist somit verfassungskonform.
Überwachung von modernen Kommunikationsmitteln:
Die Polizei darf in Zukunft verschlüsselte Telefonate, E-Mails oder Messenger-Unterhaltungen wie WhatsApp von Gefährdern oder Straftätern überwachen, um schwere Straftaten und Terroranschläge zu verhindern. Die Maßnahmen sind dann erlaubt, wenn damit die Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person abgewehrt wird oder wenn „konkrete Vorbereitungshandlungen für sich oder zusammen mit weiteren bestimmten Tatsachen die begründete Annahme rechtfertigen“, dass eine Person eine schwere Straftat begehen wird.
Wird z. B. ein Anschlag über WhatsApp geplant, ein Amoklauf angekündigt oder der sexuelle Missbrauch eines Kindes verabredet, kann die Polizei bislang nicht auf die verschlüsselte Kommunikation zugreifen. Durch das neue Gesetz wird dies der Polizei ermöglicht. Es muss also der Eintritt eines schweren Schadens unmittelbar bevorstehen. Wichtig: Eine solche Maßnahme bedarf grundsätzlich der Genehmigung durch einen Richter.
Elektronische Fußfessel:
Bislang gab es dieses Instrument nur bei entlassenen, ehemals sicherungsverwahrten Sexualstraftätern. Künftig soll die Fußfessel auch präventiv, also zur Abwehr einer Gefahr, eingesetzt werden können, um den Aufenthaltsort z. B. von sog. Gefährdern (also etwa Personen, die Anschläge vorbereiten oder diese unterstützen) oder von Sexualstraftätern zu überwachen. Voraussetzung ist, dass „bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen“, dass die Person eine schwere Straftat plant oder dass „das individuelle Verhalten dieser Person die konkrete Wahrscheinlichkeit dafür begründet“, dass sie eine terroristische Straftat begehen wird. Auch Kontakt-, Aufenthaltsverbote oder Aufenthaltsgebote sollen möglich sein.
Liegen also belastbare Hinweise oder Erkenntnisse vor, dass sich z. B. ein Sexualstraftäter immer wieder Kindertagesstätten nähert und sich eine Gefahr abzeichnet, kann über die elektronische Fußfessel eine Überwachung des Standortes dieser Person erfolgen. Nähert sich die Person bestimmten verbotenen Bereichen, erhält die Polizei ein Signal und kann direkt einen Streifenwagen zur Kontrolle entsenden.
Body-Cams in Wohnungen:
Polizeibeamtinnen und -beamte dürfen bei Einsätzen in Wohnungen Körperkameras tragen, um sich besser vor Übergriffen zu schützen, wenn sie bspw. bei häuslicher Gewalt einschreiten. Der Einsatz muss dabei zur Abwehr einer dringenden Gefahr für Leib und Leben einer Person erfolgen. Selbstverständlich bleibt der sog. Kernbereichsschutz gewahrt.
Kommt es beispielsweise in einer Wohnung zu handfesten Streitigkeiten zwischen dort anwesenden Personen, weswegen die Polizei dort einschreitet und ist zu befürchten, dass sich hieraus eine dringende Gefahr für eine der anwesenden Personen ergibt, kann zukünftig die Körperkamera nach vorheriger Androhung eingeschaltet werden und das Geschehen aufgezeichnet werden. Die weitere Verarbeitung der Aufzeichnung bedarf der richterlichen Zustimmung.
Die Kamera zeichnet im Grunde nur das Geschehen auf, das die/der Polizeibeamtin/-beamte vor Ort sieht. Der oder die Täter sollen hierdurch von der Gewalthandlung gegen die Polizeibeamtinnen und -beamten abgehalten werden. Diese Daten werden spätestens nach einem Monat gelöscht. Sollten sie als Beweis für eine Straftat und ggf. für eine spätere Gerichtsverhandlung benötigt werden, dürfen sie dafür verwendet werden.
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