Martin Bach, Vorstandsvorsitzender von Bor. Neunkirchen im Interview

Interview mit Martin Bach zum Insolvenzeröffnungsverfahren und die Situation bei Borussia Neunkirchen Interview

Von ZBS Redaktion

Wir wollten von Herrn Bach u.a. Fragen zum Insolvenzeröffnungsverfahren und zur Situation bei Borussia wissen.

Guten Tag Herr Bach,
Borussia Neunkirchen befindet sich im Insolvenzeröffnungsverfahren. Zu dem Stand der Dinge hätten wir gerne einige Fragen an sie.

1.) Wurden neue Sponsoren gefunden, ggf wer?

Martin Bach:
C+C Boxberg Neunkirchen, Data 1, Palumbo, Jakopini, Ejendals, Reisebüro Hürter, TÜV Nord, Werbewelt Saar, … sie alle haben Borussia Neunkirchen in den letzten Wochen unterstützt.

2.) Es sollen einige Benefizspiele mit Bundesligavereine geben, steht schon fest wer das sein soll und können diese Spiele im Ellenfeld wegen dem maroden Zustand dort ausgetragen werden.

Martin Bach:
Es laufen Gespräche mit mehreren Klubs aus der 1. und 2. Liga. Die Planungen der Profiklubs sind allerdings schon weit fortgeschritten. Ob es gelingt, noch in diesem Sommer ein Bundeslia-Team nach Neunkirchen zu holen, wird man sehen.

3.) Gab es schon Verhandlungen mit der Stadt Neunkirchen in Bezug einer Unterstützung. Wenn ja, wie sehen diese aus?

Martin Bach:
Es wurde ein Termin mit OB Fried für den 30.04.15 vereinbart. Wir werden der Stadt unsere Situation schildern und sie um Unterstützung biten. Hierzu gibt es klare Vorstellungen unsererseits, die wir aber an dieser Stelle noch nicht kommunizieren möchten.

4.) Steht der Verkauf des Ellenfeld an dem ehemaligen Vorsitzenden Ferraro noch?

Martin Bach:
Es gab zuletzt hierzu weder Gespräche noch Überlegungen.

5.) Warum wurden die Schulden 450.000 € erst so spät erkannt? Hätte der frühere Vorstand hier nicht früher reagieren müssen?

Martin Bach:
Borussia Neunkirchen hat aktuell ca. 280.000 € Schulden. Darin enthalten ist ein Darlehen des früheren 1. Vorsitzenden. Herr Ferraro hat hier bereits Gesprächsbereitschaft signalisiert und erklärt, dass er dem Verein helfen möchte. Der Rest auf die 400.000 € ergibt sich aus einer drohenden Unterdeckung bis Saisonende. Die Borussia hat in den letzten Jahren ein massives Einnahmenproblem und weniger ein Ausgabenproblem.Es sind auch noch Rechnungen an Sponsoren offen. Der Verein muss seine Basis an Sponsoren wieder verbreitern und hierfür bedarf es der Umsetzung eines Marketing- und Sponsorenkonzeptes.

6.) Kann man hier nicht sogar von einer Insolvenzverschleppung sprechen?

Martin Bach:
Dazu kann ich nichts sagen. Offenbar hat man die Situation im Winter noch anders beurteilt, als die Borussia in der Winterpause nochmals sechs neue Spieler verpflichtet hat. Die massiven Probleme, d.h. Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung wären erst in den Monaten April, Mai und Juni besonders massiv aufgetreten. In dieser Zeit laufen die Kosten weiter, aber dem Verein stehen in diesen Monaten nur wenig Einnahmen zur Verfügung. Die Situation hätte sich zum Saisonende zugespitzt. Daher mussten wir handeln und Insolvenzantrag stellen. Da gab es keine andere Möglichkeit.

7.) Ist es richtig, das sich nicht alle Spieler dafür ausgesprochen haben, trotz Gehaltsrückständen von über zwei Monaten weiter für die Borussia aufzulaufen.

Martin Bach:
Alle Spieler haben ihre Bereitschaft erklärt, unseren Weg mitzugehen und für den Verein zu kämpfen. Dieses Versprechen kam von der Mannschaft und diese Entscheidung zeigt, dass unsere Spieler vernünftig sind und die Situation des Vereins, aber auch ihre eigene Situation begriffen haben.

8.) Stimmt es, das zwei Spieler angekündigt haben vorerst nicht zum Training zu erscheinen.

Martin Bach:
Wir hatten letzte Woche (Dienstag) einen Tag mit nur 12 (!!!) Spielern im Training. Einige Spieler legten Krankenscheine vor, andere waren beruflich verhindert …
Wir haben der Mannschaft klar gemacht, was wir von ihr erwarten. In Arbeitsverträgen gibt es Pflichten für beide Seiten. Wir arbeiten daran, unseren Verpflichtungen nachzukommen und die Löhne zu zahlen. Die Spieler haben die Pflicht, sich für den Verein zu engagieren und alles zu geben. Das war in den letzten beiden Spielen gegen Pfeddersheim und in Mechtersheim nicht der Fall. Auf einer Mannschaftssitzung haben wir die Probleme angesprochen, an Pflichtbewußtsein und Ehre der Spieler appelliert. Ungeachtet, ob ein Spieler bei Borussia Neunkirchen weiterspielt oder bei einem anderen Verein, möchte kein Spieler in seinem Lebenslauf einen Abstieg stehen haben. Und: Kein Verein wird sich um Spieler von einem Absteiger reißen. Das allein sollte Anreiz für jeden Spieler sein, alles zu geben. Es ist eine Frage von Ehre und von Charakter. Die Mannschaft hat allemal die Klasse dazu. 14 Spieler aus unserem aktuellen Kader haben schon höherklassig gespielt. Es ist also eine Frage des Wollens und nicht der Qualität.

9.) Was passiert mit den Spendegelder? Nick und Jörg, gehen davon aus das diese Gelder für einen späteren Neuanfang gesammelt und eingesetzt werde. Laut ihrem Statement sollen diese Spendegelder jedoch an den Insolvenzverwalter gehen. Was ist nun richtig?

Martin Bach:
Zunächst einmal geht es zu 100 % darum, dass der Verein „überlebt“. Wir haben Zeit bis 30.06.15 eine Plan-Insolvenz abzuschließen und einen Vergleich mit den Gläubigern hinzubekommen. Das wird ein sehr schwieriges Unterfangen für den Insolvenzverwalter Marc Herbert. Die Spendengelder werden auf dem „Alte Liebe lebt“-Konto des Fördererklubs gesammelt. Wir werden sehen, was dort zusammenkommt. Der Insolvenzverwalter wird sehen, welche Masse für einen erfolgreichen Abschluss der Plan-Insolvenz bis zum 30. Juni benötigt wird und ob wir die Gelder überhaupt aufbringen können. Dann muss mit dem Fördererverein gesprochen werden, ob von deren Seite noch eine Unterstützung des Hauptvereins möglich. Das Gleiche müssen wir dann auch mit den Einzahlern auf das „Alte Liebe lebt“-Konto tun, das im Übrigen ein Anderkonto des Förderervereins ist. Eines ist an dieser Stelle ganz klar zum Ausdruck zu bringen: All unsere Aktivitäten und die Aktivitäten unserer Fans und Mitglieder müssen der Sanierung und Rettung des Vereins dienen. Misslingt die Rettung des Vereins, nützt dem Verein auch kein Spendenkonto etwas, dessen Geld man gerne in anderen Bereichen investiert hätte, um Strukturen aufzubauen und Trainingsbedingungen zu verbessern. Wir alle müssen in diesen Tagen fokussiert sein und Prioritäten setzen. Die Rettung der Borussia muss hier für alle klar im Vordergrund stehen …

10.) Sind schon Abgänge von Spieler der ersten Mannschaft nach der Saison bekannt. Werden Spieler bleiben, wenn ja wer?

Martin Bach:
Kirchen, Cullmann und Bach haben noch Verträge. Unser Handlungsspielraum ist in der Insolvenz eingeschränkt. Wir schauen genau, wer für die Borussia durchs Feuer geht, wer sich und letztendlich den Verein hängen läßt. Wir brauchen Spieler mit Charakter, mit Herz und Identifikation. Da werden wir uns ein Bild machen. Die Spieler, die sich reinhängen und alles geben, sind bei uns willkommen. Mit diesen Spielern werden wir sehr frühzeitig im engen Austausch sein … Die Situation ist schwierig, weil eine Kaderplanung in Zeiten von Insolvenz und rückständigen Gehaltszahlungen eine Herkules-Aufgabe ist. Das war schon in den letzten Jahren so, als Spieler mit offen stehenden Gehältern erst zusagen wollten, wenn sie ihr Geld bekommen. Genau deshalb befand sich Borussia von Jahr zu Jahr in personellem Umbruch. Genau deshalb verließen immer wieder große Teile der Mannschaft den Verein. Genau deshalb fehlte es dem Verein an Kontinuität. Genau deshalb war das Image des Vereins beschädigt, wenn Gespräche mit potenziellen Neuzugängen geführt wurden. Genau deshalb war es schwer, Spieler für die Borussia zu begeistern. Wir haben uns entschieden, andere Wege zu gehen. Wir wollen korrekt und verlässlich arbeiten. „Nicht mehr ausgeben als einnehmen“, heißt die Devise. Wir wollen bei den Spielern Vertrauen aufbauen und dafür sorgen, dass die Borussia ihre Versprechungen auch einhält. Genau deshalb haben wir einen Strich unter die Vergangenheit gemacht und uns für den „steinigen Weg der Insolvenz“ entschieden. Unsere Wahrnehmung nach außen soll bei Fans, Mitgliedern, Sponsoren und Sportlern zukünftig eine andere sein.

Wir stehen für Transparenz und engen, offenen Austausch.

Wir bedanken uns bei ihnen für das Interview und wünschen Borussia gutes Gelingen bei der Bewältigung der Insolvenz.

red.zbs.mp.