Soziale Standards sollen festgeschrieben werden.
Von Ver.di Saar Trier
Der Öffentliche Personennahverkehr ist ein Teil der Daseinsvorsorge, der Grundversorgung, um allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, auch, wenn sie ländlich wohnen, eine lebenswerte Teilhabe am öffentlichen Leben zu ermöglichen oder sie einfach jederzeit zu ihrem Arbeitsplatz zu bringen.
Ohne Zuschüsse der Gemeinden ist das nicht möglich. Nur so können den KollegInnen im ÖPNV die verdienten gerechten Löhne gezahlt werden, die sie für ihr Leben mit den Familien benötigen und auf denen ihre spätere Altersversorgung aufbaut. Schon deshalb kann der ÖPNV nicht eigenwirtschaftlich betrieben werden.
So wie überall sieht ver.di auch in Saarlouis die angestrebte Eigenwirtschaftlichkeit als völlig falschen Weg. Das Tariftreuegesetz wird unterlaufen, Regulierungsmechanismen aufgegeben, der Druck auf die Löhne wird dann unweigerlich zunehmen. So wird also in Saarlouis ganz genau das passieren, was leider schon andernorts genau so ablief. Aber wer darauf hofft, dass jemand aus Fehlern anderer eine Lehre zöge, der scheint wieder mal selbst falsch zu liegen.
Ein kurzer Blick auf das Leistungsvermögen kommunaler Betreiber lässt schnell erahnen, auf wessen Rücken und mit welchen Tücken die neuen Anbieter gedenken, nicht nur kostendeckend zu agieren, sondern vor allem, ihren Profit zu mehren: die Kommunen bilden aus, aktuell ca. 20 Azubis im Saarland. Gute Ausbildung kostet Geld, das andere einzusparen versuchen, indem sie die bei den Kommunen ausgebildeten Kräfte abwerben.
Auch wird die gesamte Infrastruktur und einiges mehr vorgehalten, ohne den Bürgern die dafür entstehenden Kosten zusätzlich aufzubürden:
· Besuch in Schulen und Kindergärten, um die Kinder so früh wie möglich mit dem Personennahverkehr vertraut zu machen
· Qualitätswerkstatt im Haus mit Außendienst
· Haltestellenausrüstung und Instandhaltung
· Beschwerdemanagement
· Überwachung und komplette Übernahme aller Kosten für die vorgeschrieben Schulungsmodule Berufskraftfahrer
· Regelmäßige interne Schulungen aller Beschäftigten, mindestens 4-mal jährlich uvm.
Die kommunalen Beschäftigungsverhältnisse sind ausnahmslos sozialversicherungspflichtig, es werden keine Spesen gezahlt und es wird zusätzlich in eine betriebliche Altersvorsorge (ZVK) eingezahlt.
Wenn dem Diktat der Eigenwirtschaftlichkeit all dies zum Opfer fällt und die Löhne in ihrer Abwärtstendenz irgendwann zu einer unzureichenden Altersversorgung führen, stellt sich die Frage, wo (abgesehen vom Profit des Unternehmens) der Vorteil dieses Modells liegt. Und es darf auch die Frage gestellt werden, ob alle Bürger dieses Landes damit einverstanden sein werden, wenn nach der Privatisierung der Gewinne die Verluste sozialisiert werden. Abgesehen von dann zwangsweise steigenden Fahrpreisen, die alleine zu Lasten der Kunden gehen, müssen die Lücken in der Altersversorgung aus dem gemeinschaftlichen Säckel gestopft werden. Wieder einmal werden wenige mehr haben, während viele mit weniger zufrieden sein sollen.
Um all dem zu begegnen, brauchen wir soziale Standards als Festschreibung in den Nahverkehrsplänen im neuen ÖPNV Gesetz, den Wegfall des Vorrangs eigenwirtschaftlicher Verkehre im Personenbeförderungsgesetz, damit die Gemeinde selbst entscheiden kann, wer für sie den ÖPNV fährt, sowie eine Überarbeitung des Tariftreuegesetzes mit einer festen Personalüberleitung bei Betreiberwechsel.