Schluss mit den Provokationen!
Von Ver.di Saar Trier
Wie in der Saarbrücker Zeitung am 30. Januar zu lesen, wollen die Ersatzkassen nicht dazu beitragen, die Lage der Pflegekräfte an der Saar zu humanisieren.
Für die Gewerkschaft ver.di im Bezirk Region Saar Trier bezieht Thomas Müller als Geschäftsführer Stellung:
„Wir fordern alle Akteure in der saarländischen Krankenhauslandschaft auf, ihre Provokationen gegenüber dem Pflegepersonal endlich einzustellen. Die Lage in den Häusern ist inzwischen äußerst explosiv. Wenn den Pflegekräften der Kragen platzt, dann ist ganz schnell Land unter. Wir sind es leid, immer nur hören zu müssen, was alles nicht geht. Die aktuellen Verhältnisse wurden doch bewusst geschaffen. Und somit können sie auch wieder geändert werden.
Wir wollen nachts nicht mehr alleine arbeiten, wir sind nicht mehr bereit hinzunehmen, dass Arbeitszeitgesetze und Arbeitsschutz für das Pflegepersonal nicht gelten sollen. Wir haben ein Recht auf unser Leben. Und wir erlauben uns zu erwähnen, dass wir diesen Kampf auch für unsere Patienten führen.
Wir entlassen Niemanden aus der Verantwortung. Die Arbeitgeber nicht, die Verantwortung für die Arbeitsbedingungen und unsere Gesundheit tragen. Die Regierung in Saarbrücken nicht, die ihren Investitionsverpflichtungen nicht nachkommt. Die Regierung in Berlin, die das menschenverachtende System des Wettbewerbs für die Krankenhäuser erfunden hat. Und da meinen wir ausdrücklich alle während der letzten zehn Jahre an der Regierung beteiligten Parteien. Aber auch die Krankenkassen haben eine Verpflichtung gegenüber den Beschäftigten und den Patienten, die sie nicht erst irgendwann einmal vielleicht, sondern konkret hier und jetzt erfüllen müssen.“
Es ist allerhöchstens eine Halbwahrheit, wenn in dem Artikel behauptet wird, der Bundesgesetzgeber habe die Finanzierung der Pflege verbessert. So ist der Pflegezuschlag in Höhe von 500 Mio Euro eine Mogelpackung, die früher Strukturzuschlag hieß. Das Geld wird jetzt zwar nach der Quote an Pflegekräften verteilt, muss aber im Krankenhaus gar nicht für die Pflege verwendet werden. Und das Pflegeförderprogramm ist so großzügig angelegt, dass etwa zwei bis drei Stellen pro Krankenhaus geschaffen werden können. Dazu muss das Krankenhaus auch noch 10 Prozent Eigenanteil aufbringen. Die angeblichen Hilfen sind somit eine Luftnummer.
Allerdings steht auch die Landesregierung in der Verantwortung: das Land müsste etwa 80 Millionen Euro pro Jahr für Investitionen aufbringen, was es aber einfach nicht tut. Anstatt diese Verantwortung endlich zu übernehmen, wird weiter am Personal gespart. Mittlerweile zahlt die Landesregierung nur noch 28,5 Millionen, früher waren es 38,7 Millionen. Großzügig verspricht man ab 2018 wieder auf 32,5 Millionen aufstocken zu wollen. Mit dem rechnerischen Fehlbetrag könnten dann etwa 600 Pflegestellen finanziert werden. Und wenn behauptet wird, wir hätten an der Saar mehr Pflegekräfte als in anderen Bundesländern, dann bestätigt gerade das erst recht den Ernst der Lage. Das heißt doch, dass die Lage außerhalb des Saarlandes noch entschieden schlimmer ist. Dies mag man sich angesichts der hier herrschenden Arbeitsbedingungen gar nicht vorstellen wollen. Wir erwarten, dass die Verantwortlichen nicht weiter mit solchen Pseudoargumenten versuchen, ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen, sondern umgehend eine Lösung finden, die diesen Namen auch verdient hat.
„Seit einigen Tagen sorgt ein offener Brief unserer Kollegin Jana Langer an Frau Merkel für Gesprächsstoff und massenhafte Verbreitung. Ihre Kritik ist sehr deutlich: ‚Das Gesundheitssystem in seiner bestehenden Form behindert meine Arbeit‘. Als stille Heldin bezeichnet zu werden – das alleine hilft ihr überhaupt nicht. Was fehlt, sind die Rahmenbedingungen, die es ihr wieder ermöglichen würden, ihre Arbeit gut zu verrichten. Ein weiteres Kaputtsparen bei den Krankenhäusern verhindert genau dies immer mehr, für ihre Patienten bleibt ihr immer weniger Zeit. Deswegen unterstützt diese Kollegin aus Ulm uns so ausdrücklich. Die stillen Heldinnen und Helden sind nicht länger still, sie werden laut und lauter, stehen auf und wehren sich“, so Michael Quetting, der zuständige Gewerkschaftssekretär im Bezirk Region Saar Trier.
Aktuell steht die Gewerkschaft ver.di im Bezirk Region Saar Trier in Gesprächen mit den Arbeitgebern, das Vorhaben des Gesundheitsministeriums zur Schaffung von Anhaltszahlen sehen wir dabei als einen Schritt in die richtige Richtung. Ob es zu Arbeitskämpfen kommt, steht zwischenzeitlich auf Messers Schneide. Wir erwarten von allen Beteiligten, den Pflegekräften endlich die ihnen schon immer zustehende Wertschätzung entgegen zu bringen.
ver.di hat am ersten Streiktag (23.01.2017), entschieden, die Gespräche weiterzuführen und die weitere Entwicklung auf der nächsten Delegiertenkonferenz (15.02.2017) zu beraten. Gleichzeitig wird das Gespräch mit namhaften Vertretern der Politik gesucht.