Borussia Online ist es gelungen Martin Bach für ein Interview zu gewinnen
Nach der Gegendarstellung von Michael Krebs, Ende August, ist es Borussia Online gelungen, Martin Bach für ein Interview zu diesem Thema zu gewinnen.
Borussia-Online: Hallo Martin, schön, dass Du Dir die Zeit für dieses Gespräch nimmst. Wie geht es Dir heute ? Was machst Du mit Deiner ganzen Freizeit, nachdem Du Mitte Juni als Vorsitzender aufgehört hast ?
Martin Bach: Wir hatten familiär zuletzt keine leichte Zeit. Mein Vater ist Anfang August verstorben. Ich bin froh, dass ich ihm – nach meinem Ausscheiden bei der Borussia – in seiner letzten Lebensphase näher sein und mich intensiver um ihn kümmern konnte. Zukünftig freue ich mich auf mehr Freizeit und mehr Zeit mit der Familie.
Borussia-Online: Waren private Gründe ausschlaggebend, als Vorsitzender bei der Borussia zurückzutreten?
Martin Bach: Die Krankheit meines Vaters war sicher ein gewichtiger Grund. Dir wird plötzlich bewusst, dass es noch wichtigere Dinge gibt als Fußball. Man spürt, dass die eigene Familie einen braucht und dass man gerade in schweren Zeiten familiär noch enger zusammenrücken muss. Dazu muss man sagen, dass gerade die Zeit der Insolvenz sehr intensiv war. Michael Krebs und ich hatten den Verein übernommen, als niemand mehr an die Borussia glaubte. Alle hatten sich abgewandt, alle hatten die Borussia abgeschrieben. Wir mussten den schweren Weg eines vorläufigen Insolvenz-Verfahren gehen, bei dem Du jeden Tagen ein Auf und Ab erlebst. So eine Achterbahnfahrt zwischen Sein und Nichtsein Deines Vereins bringt Dich dann auch des Öfteren auch an Deine physischen und mentalen Grenzen.
Borussia-Online: Ist es Dir leicht gefallen, Dein Amt nach all den Jahren niederzulegen?
Martin Bach: Nein. Ich hatte viele schöne Jahre und vergessene Erlebnisse mit den Meisterschaften 1990/91 und 2004/05, mit der Aufstiegsrunde zur Zweiten Bundesliga 1991, mit dem Aufstieg in die Regionalliga 1994 sowie mit den Saarlandpokalsiegen 1990, 1992 und 1996. Aber man muss in sich hineinhören und sich fragen, ob man noch genügend Kraft für dieses sehr aufwändige Ehrenamt hat.Ich spürte nach dem Aufstiegsspiel in Eisbachtal, dass mein Akku einfach leer war und dass das Heimspiel gegen Hassia Bingen mein letztes Spiel als Vorsitzender sein wird. Natürlich hätte ich mich gerne mit einem Aufstieg verabschiedet, aber es hat halt nicht sein sollen. Zu vielen Menschen im Umfeld der Borussia verbinden mich langjährige Freundschaften. Diese Freundschaften werde ich auch weiterhin sehr intensiv pflegen. Sicher ist man etwas enttäuscht, wenn einige sehr schnell vergessen, wo die Borussia im April 2015 stand und wo sie heute steht. Es tut dann schon weh, wenn in der Öffentlichkeit versucht wird, Sachverhalte und Zahlen falsch darzustellen und bewusst Stimmung zu machen. Ein früherer Funktionsträger hat immer und überall erklärt, man hätte während des vorläufigen Insolvenzverfahrens vieles besser machen können. So gab es immer wieder viele „Besserwisser“ im Umfeld des Vereins. Ich habe mich dann schon gefragt, wo all diese Leute im April 2015 waren, als es der Borussia wirklich richtig schlecht ging. Ein früherer Funktionsträger hat dann Gunther Persch wohl mitgeteilt, er werde sich bei einem neuen Vorstand auch finanziell engagieren, wenn bestimmte Personen aus dem Vorstand ausscheiden bzw. ihr Amt niederlegen. Wenn dann sogar noch eine Art „Kopfgeld“ für meinen Rücktritt ausgesetzt wird, dann tut das schon sehr weh und dann ist das ganz sicher auch ein gewichtiger Grund dafür, warum es bei der Borussia eben sehr viel schwieriger ist als anderswo. Diese Dinge im Umfeld des Vereins haben mich in meinem Entschluss bestärkt, mein Amt niederzulegen. Ich bin im Frühjahr 2015 angetreten, um dem Verein zu helfen und eine drohende Insolvenz zu vermeiden. Gemeinsam mit Michael Krebs ist uns das auch gelungen. Nun wollte ich dem Verein auch nicht im Weg stehen, wenn ein oder zwei Geldgeber dem Verein eine fünfstellige Summe in Aussicht stellen. In Zeiten knapper Mittel greifen Vereine heutzutage schnell nach jedem „Strohhalm“. Dem vermeintlichen Gönner geht es oft nur um Macht und Mitsprache. Er will oft nur Einfluss auf Entscheidungen und Entscheidungsträger ausüben und „kauft“ sich quasi ein.
Borussia-Online: Gunther Persch hat zuletzt öffentlich gefordert, dass Versprechungen an den derzeit amtierenden Vorstand bislang nicht eingelöst wurden. Meint er damit vielleicht das „Kopfgeld“, das mit Deinem Rücktritt verbunden war?
Martin Bach: Das weiß ich nicht, was er damit meint und ehrlich gesagt, es interessiert mich eigentlich auch nicht. Man hat bei den Veröffentlichungen und Interviews eine spürbar steigende Nervosität gespürt. Offenbar hat es sich der eine oder andere doch etwas leichter vorgestellt, einen Verein wie die Borussia zu führen. Offenbar sind auch Versprechungen von Mäzenen und Sponsoren nicht eingelöst worden. So hat es Gunther Persch ja auch in aller Offenheit angesprochen. Man hat schon den Eindruck, dass der amtierende Vorstand so langsam merkt, wie schwierig es ist, Borussia Neunkirchen wirtschaftlich solide über die „tückischen Klippen“ von Altlasten und laufenden Verpflichtungen zu navigieren. Dabei kann die Schwere der Aufgabe keine Überraschung für den amtierenden Vorstand gewesen sein. Einerseits gehörten Gunther Persch und Nils Meisberger schon seit geraumer Zeit unserem Vorstand an. Beide kannten die Zahlen und die Verpflichtungen seit Monaten. Die Zahlen lagen Woche für Woche auf dem Tisch und wurden von Rainer Lauffer und mir immer wieder aufbereitet. Auch Jens Kelm und das heutige Vorstandsmitglied, Jörg Eisenhuth, waren bei zahlreichen Sitzungen anwesend und kannten die Zahlen. Jeder, der etwas anderes behauptet, lügt. Wieso Gunther Persch das in Abrede stellt, erschließt sich mir nicht, da ihm alle Zahlen bekannt waren. Es wurde kein Chaos hinterlassen und ich habe mich in den ersten zwei Wochen nach meinem Ausscheiden sogar noch mit Vorstandsmitgliedern getroffen und geholfen, Mitgliedsbeiträge einzuziehen. Auch in den letzten Tagen hat mich der derzeitige Vorstand um Unterstützung gebeten. Ich bin ja „nicht aus der Welt“ ….
Borussia-Online: Wo steht die Borussia heute wirtschaftlich aus Deiner Sicht ?
Martin Bach: Wenn man die letzten Jahre analysiert, dann schiebt die Borussia schon seit 2009 einen „Schuldenberg“ vor sich her. In jedem Fall geht es der Borussia heute definitiv sehr viel besser als vor drei Jahren, wo mehr als 620.000 € Verbindlichkeiten aufgelaufen waren. Es ist uns sehr wohl gelungen, Schulden abzubauen und umzuschulden. Entgegen aller anderslautenden und absolut unwahren Behauptungen konnte die Borussia in den drei Jahren meiner Amtszeit die Verbindlichkeiten bei Finanzamt und Berufsgenossenschaft drastisch reduzieren. Wir konnten sechsstellige Verbindlichkeiten bei der VBG und ganz erhebliche Verbindlichkeiten beim Finanzamt tilgen. Trotz der noch verbliebenen Altlasten und Ratenvereinbarungen aus der Zeit der Insolvenz konnten wir in den letzten drei Spielzeiten unseren Verpflichtungen weitgehend nachkommen. Michael Krebs hat die Zahlen nochmals dargelegt und der Darstellung des derzeit amtierenden Vorstandes widersprochen.
Borussia-Online: Wie sehen denn die Zahlen nun wirklich aus ?
Martin Bach: Michael Krebs hat die Situation korrekt dargestellt. Statt ca. 620.000 € Verbindlichkeiten sind es bis Ende der letzten Saison vielleicht 330.000 € „echte“ Verbindlichkeiten gewesen, statt öffentlichen Trägern sind es heute dem Verein positiv zugeneigte Privatleute oder Firmen, mit denen langfristige Ratenvereinbarungen getroffen werden konnten. Einen passivischen Rechnungsabgrenzungsposten wie die Vereinbarung mit der Parkbrauerei kann man nicht zu den Verbindlichkeiten im eigentlichen Sinne rechnen, ebenso wenig ein vermeintliches Darlehen von Giuseppe Ferraro, das längst in einen Sponsoren-Vertrag umgewandelt wurde. Die F&R Group wird in der aktuellen Buchhaltung nicht als Kreditor, sondern als Debitor geführt. Fakt ist, dass der Verein monatlich 4.375 € zur Tilgung von Altlasten und fast 3.000 € an Energie- und Wasserkosten aufbringen muss. Das ist die reale Belastung, die Borussia’s Vorstand Monat für Monat meistern muss. Aber da hat sich gegenüber dern Spielzeiten 2016/17 und 2017/18 absolut nichts geändert. Auch Krebs und ich mussten diese Gelder aufbringen. Und Anfang 2020 sollten die Verbindlichkeiten gegenüber der Berufsgenossenschaft beglichen sein. Dann reduziert sich die monatliche Belastung um 2.000 € und die Lage wird sich weiter entspannen. Sofern die Kosten der laufenden Saison gedeckt werden können und keine neuen Verbindlichkeiten entstehen ….. Sicher war es ein Risiko, mit einem nicht gedeckten Etat in die laufende Saison zu gehen. Eine Finanzierungslücke von ca. 60.000 € im Etat der laufenden Saison ist sicher „kein Pappenstiel“ und ein hohes Risiko für die Borussia. Die Lücke basiert aus einem Rückgang auf der Einnahmenseite. Oder anders formuliert: Der Rückgang der Einnahmen kann durch die Kürzung des Personal-Etats bei weitem nicht kompensiert werden. Angesichts der Altlasten und des finanziellen Spielraums hatte ich allen Beteiligten geraten, den Personal-Etat auf 100-110.000 € zu reduzieren. Borussia‘s aktueller Vorstand sprach zuletzt 174.000 € Personalkosten für den Spielbetrieb. Ich persönlich habe keinen Spielervertrag für die laufende Saison unterschrieben, weiß auch nicht, ob man seit Juni neue Geldgeber für die Borussia gewinnen konnte, um die „Lücke“ im laufenden Haushalt zu schließen oder zumindest zu verkleinern. Zuletzt wurden nochmals zwei neue Spieler verpflichtet, die sicher nicht zum Nulltarif spielen und den aktuellen Personal-Etat nochmals erhöhen werden. Auch wenn der laufende Etat angeblich immer noch geringer ist als im Vorjahr, bleibt dennoch die Frage, ob man ihn dann am Ende finanziell stemmen kann.
Borussia-Online: Wie kann man das schaffen, den laufenden Etat zu decken ?
Martin Bach: Es gibt nur eine einzige Möglichkeit. Borussia braucht ca. 60.000 € „frisches Geld“, also zusätzliche Einnahmen von Sponsoren, Gönnern, Mitgliedern und Fans. Das ist allerdings eine sehr ambitionierte Zahl, zumal die jüngsten Veröffentlichungen des Vereins hierfür kontraproduktiv waren und Sponsoren eher abschrecken. Es gab bei meinem Ausscheiden noch beträchtliche Außenstände von Sponsoren und es gab weitere fünfstellige Forderungen, die man vermutlich gerichtlich eintreiben muss.
Borussia-Online: Alexander Kunz hat neue Wege im Sponsoring angekündigt. Wie siehst Du seinen Ansatz?
Martin Bach: Darum bemüht sich jeder Vorstand. Es bleibt abzuwarten, ob es Alexander Kunz gelingt, intensiv Sponsorenpflege zu betreiben, alte Sponsoren „bei der Stange zu halten“ und neue Sponsoren zu akquirieren. Er und seine Mitstreiter sind keine Akquise- und Marketing-Profis, sie sind alle berufstätig und haben nur am Abend Zeit. Im Interesse der Borussia hoffe ich aber, dass die Jungs das schaffen werden. Aus eigener Erfahrung weiß ich aber auch, wie schwierig diese Arbeit für Ehrenämtler in ihrer Freizeit nach Feierabend ist. Ich bleibe dabei, für solch eine Aufgabe brauchst Du einen Profi, der den ganzen Tag nichts anderes macht, als sich um Sponsoren, um effiziente Werbung und um deren optimale Umsetzung zu kümmern.
Borussia-Online: Welche Chancen ergeben sich für die Borussia durch den zuletzt angedachten und öffentlich diskutierten Neubau der Sporthalle und des Funktionsgebäudes im Ellenfeld-Stadion?
Martin Bach: Ich bin froh, dass es hier scheinbar vorangeht. Vor etwas mehr als einem Jahr wurde ich in die Pläne der Stadt Neunkirchen eingeweiht. Ich sehe darin eine große Chance für die Borussia, wenn eine neue Sporthalle und ein neuer Kabinentrakt entsteht. Zum einen wird die Borussia als Verein attraktiver für die Sporttreibenden unserer Stadt. Das Ellenfeld-Stadion kann so auch zur Heimstätte des Neunkircher Fußballs und anderer Vereine werden. Vielleicht gelingt es den Neunkircher Vereinen, Ihre Heimspiele und Ihre Veranstaltungen zukünftig zusammenzulegen, das Ellenfeld-Stadion zu einer Multifunktionsanlage und zu einem Mittelpunkt des Neunkircher Sports zu machen. Zum anderen wird ein neuer Gebäudekomplex sehr viel besser isoliert sein, als dies heute der Fall ist. Durch eine moderne Heizungsanlage und eine bessere Dämmung wird der Verein energetisch effizienter und kostengünstiger heizen können. LED-Lampen in der Flutlichtanlage des Nebenplatzes würden die Energiekosten langfristig sicher weiter senken. Ich -aber, dass das Ellenfeld-Stadion mit seiner einzigartigen Bauweise aus den Gründungsjahren der Bundesliga erhalten bleibt.
Borussia-Online: Wie ist Dein Verhältnis zum aktuellen Vorstand ?
Martin Bach: Im Moment gibt es kaum Kommunikation. Hier und da wird mal eine Rückfrage oder eine Bitte aus der Führungsebene an mich herangetragen. Der neue Vorstand hat seine Vorstellungen dargelegt, seine Ideen grob präsentiert. Jetzt müssen den Ankündigungen Taten folgen. Ich habe mich bislang völlig zurückgehalten und achte bei meinen Aussagen darauf, dass diese faktisch und sachlich korrekt sind. Letztendlich zählen nur Fakten, nur Zahlen. Man muss die wirkliche Belastung sehen, die der Verein stemmen muss; man sollte keine Stimmung machen, indem man mit Zahlen jongliert, die den Verein in seiner Liquidität nicht belasten.
Wir bedanken uns bei Martin Bach für dieses Interview.
Das Interview führte Thomas Burgardt für Borussia Online
Foto.Thomas Burgardt Borussia Online
red.zbs