Der neue Borussen-Präsident im Porträt
„Nur kritisieren ist mir zu einfach – ich will Borussia dienlich sein!“ / Chemie in der Vorstandsmannschaft stimmt
Kuntz. Der Name hallt noch immer nach im Ellenfeld. Und bürgt für Qualität. In den 60er Jahren stürmte Günter Kuntz mit Borussia in die Bundesliga, zwanzig Jahre später startete sein Sohn Stefan Kuntz seine steile Karriere im Borussen-Dress, wurde mit dem 1. FC Kaiserslautern 1990 Pokalsieger und 1991 Deutscher Meister, holte 1996 mit der DFB-Elf den Europa-Titel. Und jetzt wieder Kunz. Diesmal ohne t: Alexander Kunz. Dem neuen Vorsitzenden der Borussia fehlt nicht nur dieser eine Buchstabe, sondern auch die sportliche Karriere im Ellenfeld. Aber was er mit den ehemaligen Borussen-Stars gemeinsam hat: Das Borussia-Gen tief in sich drin, Leidenschaft in schwarz-weiß, den unbändigen Willen, den traditionsreichen Club aus der Hüttenstadt wieder nach vorne zu bringen.
Schon als Gymnasiast am Homburger Johanneum fand der gebürtige Neunkircher, auf dem Hüttenberg beheimatet, den Weg ins altehrwürdige Ellenfeld-Stadion. Mit seinem Großvater besuchte er die Heimspiele der Borussia. Der war Industrieschlosser und hatte eine besondere Beziehung zum Ellenfeld, befand sich in seiner Werkstatt doch unter seinen Lehrlingen ein ganz besonderer: Die leider erst kürzlich verstorbene Borussen-Legende Willi Ertz. Da war der Weg von Enkel Alexander vorgezeichnet, der immer mehr Geschmack an Borussia fand, schnell die Mannschaft im Fan-Bus auch nach auswärts begleitete. Zu den Highlights der frühen Fan-Karriere gehörten zweifellos der Gewinn der Südwestmeisterschaft und die Aufstiegsrunde zur 2. Liga im Sommer 1991 mit Spielen bei Hessen Kassel und dem VfR Pforzheim. Nach dem Abitur dann die Ausbildung zum Diplom-Verwaltungswirt, über 12 Jahre Arbeit bei der Polizei in Ludwigshafen, Hausbau und Familiengründung: „Für Borussia blieb da nicht mehr so viel Zeit, ich musste andere Prioritäten setzen“, so der heute 42jährige, der aber dennoch seinen Verein immer mit hohem Interesse verfolgte. Treu, aber auch kritisch. Deshalb gründete er gemeinsam mit seinem Freund Jörg Eisenhut die Interessengemeinschaft „Schwarze Teufel“, der Borussia Neunkirchen besonders am Herzen liegt. „Wir sprechen aus, was andere denken“, heißt es auf der website. „Leute für die Borussia zu begeistern, den Informationsfluss stärken, aber auch fairen und konstruktiv kritischen Stimmen, die das Wohl des Vereins im Auge haben, ein geeignetes Forum zu bieten“, so benennt Alexander Kunz die Gründe für die Initiative. Der Name „Schwarze Teufel“ wurde dabei ganz bewusst gewählt – in Anlehnung an jene berühmte Borussen-Elf, die 1921 in ihren pechschwarzen Trikots, angeführt von dem Wiener Adolf Fischera im süddeutschen Pokalendspiel übers Stuttgarter Degerloch hinwegfegt wie ein Orkan und den FV Nürnberg mit 3:2 schlägt. „Ein Name mit Symbolkraft und Wiedererkennungswert“, sagt Alexander Kunz.
Angesichts dieser Vorgeschichte konnte er, als nun die Anfrage kam, ob er sich vorstellen könne, Borussia als Präsident weiterzuhelfen, schlecht „Nein“ sagen. Zumal Alexander Kunz als stellvertretender Inspektionsleiter der Polizeiinspektion in Kusel heimatnah eingesetzt ist („Zu meiner Dienststelle habe ich etwa 20 Minuten Fahrtweg“). Nach kurzer Bedenkzeit und Rücksprache mit der Familie war klar: „Ich mach´s!“ „Auf unserer facebook-Seite haben wir oft Opposition ausgeübt. Aber sich in die Ecke zurückziehen und es bei der bloßen Kritik zu belassen, ist mir zu einfach. Deshalb stelle ich mich jetzt dieser Aufgabe und will dem Verein dienlich sein“, begründet Alexander Kunz seinen Schritt, in die vorderste Reihe zu treten. Eine Herkules-Aufgabe erwartet ihn, das weiß er. „Borussia hat jede Menge Baustellen. Auf der logistischen Seite die nach wie vor kritische finanzielle Lage, die Tilgung von Altlasten, das Stadion, die Akquise von Sponsoren, auf der sportlichen Seite die qualitative Ausstattung des Mannschaftskaders – das sind aufwändige Arbeitsfelder, auf die ich mich dennoch freue, denn Borussia ist für mich eine Herzensangelegenheit.“ Was ihn optimistisch stimmt, ist die Zusammensetzung der Vorstandsmannschaft: „Gemeinsam mit meinen Kollegen Gunther Persch, Martin Gonschorek, Nils Meisberger und Jörg Eisenhut, dazu noch mit Christoph Serr und Uli Horbach – in diesem Team können wir etwas bewegen. Da stimmt die Chemie – auch eine Voraussetzung für meine Amtsübernahme“, so Alexander Kunz, der sich als übergeordnete Ziele „Konsolidierung“ und vor allem auch „Transparenz“ auf die Fahnen geschrieben hat: „Durch verbesserte Kommunikation, Mitbestimmung und Mitsprache gilt es, bei den sicher nach wie vor zahlreichen Anhängern den Identifikationsfaktor und dazu Borussias Integration und Präsenz in der Stadt wieder zu erhöhen und mehr Zuschauer ins Ellenfeld zu locken.“
Klar, dass der Weg dorthin nicht zuletzt über den sportlichen Erfolg führt. Deshalb rechnet der neue Borussen-Boss es den Spielern hoch an, dass das Gros der Mannschaft inklusive der Neuzugänge trotz der notwendigen Reduzierung der Kaderkosten zu Abstrichen bereit war. Alexander Kunz ist davon überzeugt, „dass die Jungs einen sehr guten Teamspirit entwickeln werden. Die Truppe ist qualitativ gut. Ich traue ihr einiges zu.“ Wenn – ja wenn Borussia von einer Verletzungsmisere, wie sie die Mannschaft im letzten Jahr traf, verschont bleibt! Denn viel Spielraum für Nachbesserung bleibt nicht, das weiß Alexander Kunz nach einem ersten Einblick in die Bilanzen: „Auch ohne den konkreten Zahlen, die wir in der kommenden Woche anlässlich der Mitgliederversammlung hören werden, vorzugreifen: Borussia ist pekuniär nicht auf Rosen gebettet.“ Auch das Stadion treibt Alexander Kunz um: „Ellenfeld und Borussia bilden eine Symbiose. Spielt Borussia nicht mehr im Ellenfeld, bedeutet das das Ende für das Stadion. Und ohne das Ellenfeld, zweifellos das schönste und dazu historischste Stadion im Fußballsüdwesten, ist Borussia nicht mehr die Borussia“, kommentiert er die gegenseitige Abhängigkeit. Die Stadionfrage – beispielhaft für den schwierigen Spagat zwischen Tradition und Gegenwart, zwischen Herkunft und Zukunft. Wahrlich eine Aufgabe für jemanden wie den mit Götterkräften ausgestatteten antiken Helden Herkules. Alexander Kunz stellt sich den Herausforderungen. Ganz ohne überirdische Heldenkraft, mit harter Arbeit, im Vertrauen auf seine Leidenschaft und sein Team, im Bewusstsein, dass der Name Kunz immer noch nachhallt im Ellenfeld, für Qualität bürgt. Auch ohne t.
Borussia zollt Alexander Kunz und seinem neuen Vorstandsteam großen Dank und Respekt für die Amtsübernahme und wünscht ihm und seinen Mitstreitern viel Erfolg und bei allen Entscheidungen ein „glückliches Händchen“!
Hinweis: Borussia Neunkirchen: Außerordentliche Mitgliederversammlung
Wie bereits auf der Vereinshomepage und in den sozialen Medien angekündigt, lädt Borussia Neunkirchen alle Mitglieder zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung ein. Die Versammlung findet am Donnerstag, den 19.07.2018 um 19 Uhr im VIP Raum statt. Folgende Tagesordnungspunkte sind vorgesehen: 1.Begrüßung / 2.Totenehrung / 3.Vorstellung des neuen Vorstands / 4.Gesamtsituation des Vereins / 5.Verschiedenes.
text.jo frisch
fotos. privat / Borussia Neunkirchen
red.zbs