Wer hier ist, soll bleiben dürfen.
Von Peter Nobert / Saarl. Flüchtlingsrat e.V.
Vor dem Hintergrund zunehmender Abschiebungen wirft der Saarländische Flüchtlingsrat (SFR) dem saarländischen Innenminister Klaus Bouillon eine bewusste Täuschung der Öffentlichkeit vor.
Anlass ist ein Bericht der Saarbrücker Zeitung vom 18.05.2016, in dem eine Stellungnahme des saarländischen Innenministers zitiert wird. Es geht um die Kritik des Integrationsrates und anderer, es hätten in der letzten Zeit vermehrt Abschiebungen stattgefunden, obwohl die Härtefallkommission sich mit entsprechenden Eingaben noch nicht befasst habe. Laut Klaus Bouillon sei diese Kritik unberechtigt, weil die Eingaben unzulässig gewesen seien.
Tatsache ist: Allein in den letzten Wochen wurden vier Abschiebungen durchgeführt oder versucht, von denen lediglich eine einen sog. Dublin-Fall betraf. Bei dem Dublin-Fall handelt es sich um eine Syrerin und ihre beiden Kinder aus Riegelsberg, die mitten in der Nacht von sieben Polizisten abgeholt wurden. Schon die Umstände dieser Abschiebung machen die ganze Unmenschlichkeit der aktuellen Abschiebepolitik deutlich. Aber selbst wenn wir für einen kurzen Moment darüber hinweg sehen, dass die Zulässigkeit solcher Fälle juristisch umstritten ist (und Dublin-Fälle keineswegs so klar unzulässig sind wie der Innenminister meint) betrafen alle anderen Fälle ohne Zweifel zulässige Eingaben, die hier im Folgenden dokumentiert werden:
1. Familie Nehat und Kadire Grabovci mit einem Kind aus dem Kosovo: Ehemann arbeitet, Arbeitgeber ist auf seine Arbeitskraft angewiesen und möchte ihn unbedingt halten. Ehefrau ist psychisch krank. Eingabe Härtefallkommission im Juli 2015. Ohne Entscheidung der HFK Abschiebeversuch am 23.03.2016. Ehefrau brach psychisch zusammen und befindet sich seitdem in stationärer Krankenhausbehandlung.
2. Indischer Staatsangehöriger Rahul Sharma. Bestens integriert in seiner Wohnsitzgemeinde. Er ist selbständig und hat sich mit einem Gaststättenbetrieb eine eigene Existenz aufgebaut. Eingabe Härtefallkommission Februar 2016, dennoch Nacht- und Nebel-Abschiebung ohne Entscheidung der HFK am 11.05.2016 nach Indien, damit verbunden Verlust seiner Existenz.
3. Kosovarischer junger Mann I.A., als Kind schon mit seiner Familie in Deutschland gewesen, spricht hervorragend Deutsch, hat nach kurzer Zeit Arbeit gefunden, wegen seiner Homosexualität Probleme im Kosovo, Lebensunterhalt selbst bestritten. HFK hat positiv entschieden und den Innenminister um Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gebeten. Innenminister hat abgelehnt. I.A. musste ausreisen, versucht nunmehr im Rahmen der „Balkan-Regelung“ mit Visum wieder einzureisen, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitsplatz so lange freihält.
4. Türkischer Staatsangehöriger Y.B., hatte ebenfalls Arbeit, Eingabe bei der HFK noch nicht entschieden, trotzdem abgeschoben.
Wir betonen noch einmal: Die aktuelle Abschiebepolitik der Landesregierung unterminiert die Arbeit der Härtefallkommission und stellt ihre Existenz infrage. Für die Betroffenen sind Abschiebungen unmenschlich und traumatisierend. Sie reißen Menschen immer aus ihren Lebenszusammenhängen und zerstören Existenzen. Deswegen plädiert der Flüchtlingsrat für einen pragmatischen Umgang mit Geduldeten: Wer hier ist, soll bleiben dürfen.
Dies ist eine redaktionell unbearbeitete Pressemitteilung des Saarländische Flüchtlingsrat.