Jedes dritte saarländische Kind ist chronisch krank
Neuer Kinder- und Jugendreport der DAK-Gesundheit untersucht Behandlungsdaten von rund 8.400 Jungen und Mädchen. Neurodermitis, Asthma, Heuschnupfen – im Saarland ist fast jedes dritte Kind körperlich chronisch krank. Fast jedes Zehnte leidet an einer psychischen Erkrankung mit potentiell chronischem Verlauf. Das zeigt der neue Kinder- und Jugendreport der DAK-Gesundheit. Für die Studie hat die Krankenkasse Versichertendaten von rund 8.400 Kindern im Saarland ausgewertet. Demnach sind mehr als 90 Prozent aller Jungen und Mädchen wenigstens einmal im Jahr beim Arzt oder im Krankenhaus. Dabei zeigt sich auch: Bereits Schulkinder leiden vermehrt unter krankhaftem Übergewicht und Rückenschmerzen. Für die Versorgung aller Minderjährigen gibt die DAK-Gesundheit im Saarland jährlich rund acht Millionen Euro aus.
Im Auftrag der DAK-Gesundheit hat die Universität Bielefeld die Gesundheits- und Versorgungssituation von Jungen und Mädchen im Saarland umfassend untersucht. Die repräsentative Studie mit Abrechnungsdaten aus dem Jahr 2016 liefert erstmals systematische Analysen zum Erkrankungsgeschehen bei Kindern. „Wir leisten mit dem Report Pionierarbeit und machen uns stark für Kindergesundheit“, sagt Jürgen Günther, Leiter der DAK-Landesvertretung Saarland. „Wir wollen die gesundheitliche Situation von Kindern besser verstehen und sie in den Vordergrund der politischen Diskussion rücken.“
Im Saarland ist fast jedes dritte Kind körperlich chronisch krank. Jungen etwas häufiger als Mädchen. Der Kinder- und Jugendreport wertet 14 verschiedene Erkrankungen aus, die potenziell einen chronischen Verlauf nehmen können. Am stärksten verbreitet sind Asthma und Neurodermitis gefolgt von Heuschnupfen und entzündlicher Darmerkrankung. „Das sind Erkrankungen, die den Alltag für Kinder und Eltern erheblich beeinträchtigen können“, betont Jürgen Günther. Bei Asthma bronchiale führen verengte Bronchien zu rasselnder Atmung. Die Patienten leiden anfallsartig unter Husten und Luftnot. Asthma-Sprays gehören zur fünfthäufigsten Arzneimittelgruppe bei Kindern.
Atemwegserkrankungen stehen insgesamt auf Platz 1 der wichtigsten Erkrankungsarten im Kindesalter. Mehr als zwei Drittel (62 Prozent) aller Jungen und Mädchen im Saarland leidet mindestens einmal pro Jahr unter einem grippalen Infekt oder einer akuten Bronchitis. In der Häufigkeit dahinter folgen Infektionskrankheiten, Augenerkrankungen, Hauterkrankungen und psychische Leiden. Muskel-Skelett-Probleme wie Rückenschmerzen sind ebenfalls recht verbreitet. Jedes sechste Kind hat wenigstens einmal im Jahr eine entsprechende Diagnose. Ab dem zwölften Lebensjahr ist weit mehr als ein Viertel aller Jungen und Mädchen betroffen. „Das ist alarmierend“, betont Günther, „denn frühe Muskel-Skelett-Probleme können im Erwachsenenalter schwere Rückenleiden nach sich ziehen.“ Ein weiteres Leiden, das mit Bewegungsarmut zusammenhängt, ist krankhaftes Übergewicht. Über alle Altersgruppen hinweg sind rund vier Prozent betroffen, im Alter zwischen zehn und 14 Jahren waren es 5,4 Prozent. „Bei Schülern der Sekundarstufe I werden für solch verhaltensbezogene Krankheitsbilder die Weichen gestellt“, kommentiert Günther die Ergebnisse.
Im bundesweiten Vergleich sind saarländische Kinder weniger gesund als Gleichaltrige anderswo. Zwar dominieren dieselben Erkrankungen wie auf Bundesebene, aber der Anteil der betroffenen Jungen und Mädchen ist vielfach höher. So haben Kinder im Saarland häufiger Augenerkrankungen (plus 14 Prozent) und Atemwegserkrankungen (plus neun Prozent) gegenüber dem Bundesdurchschnitt. Auch von etwas selteneren Erkrankungen sind sie stärker betroffen: So zeigt die Studie mehr Fälle von Problemen mit dem Verdauungssystem wie Magen-Darm-Infekte (plus 18 Prozent). „Mit dem Kinder- und Jugendreport liegen belastbare Zahlen zur regionalen Häufigkeit bestimmter Erkrankungen im Vergleich zum Bundesdurchschnitt vor“, erklärt Julian Witte von der Universität Bielefeld als Co-Autor der Studie. „Es ist die erste kontinuierliche und erkrankungsartenübergreifende Analyse von solchen regionalen Abrechnungsdaten einer gesetzlichen Krankenkasse.“
Mehr als die Hälfte aller DAK-versicherten Minderjährigen im Saarland wachsen in ländlich geprägten Gebieten auf. Der Kinder- und Jugendreport zeigt, dass diese Jungen und Mädchen anders krank sind als Gleichaltrige aus der Stadt: Stadtkinder leiden häufiger unter Viruserkrankungen, Zahnkaries und krankhaftem Übergewicht. Landkinder haben hingegen eher eine Allergie. „Unser Report belegt, dass der Unterschied zwischen Stadt- und Landkindern in Sachen Gesundheit größer ist als gedacht“, betont Jürgen Günther. „Allerdings kennen wir die Gründe für diese beobachteten Zusammenhänge nicht. Es kann an den Versorgungsstrukturen liegen, an der Umwelt, oder auch am Verhalten der Eltern.“ Tatsächlich zeigt der Report, dass der Bildungsstatus der Eltern den Gesundheitszustand ihrer Kinder beeinflusst. So leiden Kinder von Eltern ohne Ausbildungsabschluss bis zu 2,8-mal häufiger unter Karies als der Nachwuchs von Akademikern.
Auf Grundlage des Reports will die DAK-Gesundheit die bestehende Versorgung von Kindern und Jugendlichen weiter optimieren. Außerdem wird die Krankenkasse ihre Prävention an Kitas und Schulen intensivieren. So soll die Präventionskampagne „fit4future“ mit der Cleven-Stiftung für mehr Bewegung, gesunde Ernährung und Stressbewältigung ausgeweitet werden. Das Programm läuft aktuell an 31 Grund- und Förderschulen im Saarland mit etwa 5.000 Schülern und soll in diesem Jahr an weiterführenden Schulen und 2020 auch in Kitas starten.
Insgesamt zahlte die DAK-Gesundheit 2016 im Saarland acht Millionen Euro für Kindergesundheit. Davon gingen mehr als zwei Drittel an Kliniken (37 Prozent) und niedergelassene Ärzte (27 Prozent). Arzneimittel machten etwa ein Fünftel aller Kosten aus, Heil- und Hilfsmittel zusammen 14,5 Prozent. Reha-Leistungen hatten mit