Unkontrollierter Wettbewerb ist kein Allheilmittel.
Von Christian Umlauf / Ver.di Saar-Trier
In der Saarbrücker Zeitung und im Saarländischen Rundfunk wurde am Wochen-ende die Frage gestellt, wer künftig die Buslinien im öffentlichen Nahverkehr des Saarlandes bedienen sollte, kommunale Busunternehmen oder die vermeintlich günstigeren privaten Busbetriebe.
Der Blick auf die finanzielle Situation der Kommunen und den defizitären Busver-kehr könnte nach diesen Betrachtungen ein Grund sein, den Wettbewerb völlig offen zu halten und dann das günstigste Angebot anzunehmen. Die Eigenschaft „günstig“ gilt jedoch zunächst einmal nur scheinbar für denjenigen, der die Zeche zahlen soll. Welche Auswirkungen hat das aber auf die Beschäftigten, die Kunden und was bedeutet es längerfristig tatsächlich für die Kommunen?
Durch das schwache Landestariftreuegesetz im Saarland, kann in diesem Bereich irgendein beliebiger Tarifvertrag angewendet werden. Die privaten Busunter-nehmen haben sich deshalb einen, gegenüber den von ver.di abgeschlossenen TV-N, ca. 20% günstigeren Tarifvertrag ausgesucht. Dieser wurde mit der GÖD vereinbart, die sich jedoch bereits an die Öffentlichkeit gewandt hat, weil der Tarifvertrag von den Arbeitgebern in vielen Punkten nicht eingehalten wird. Doch nicht nur niedrigere Löhne, auch deutlich schlechtere Arbeitsbedingungen schei-nen eine Grundlage der „günstigen“ Angebote zu sein: Die Gewerkschaft ver.di musste in den letzten Wochen wiederholt auf Verstöße im Bereich der Lenk- und Ruhezeiten sowie falsche Lohnabrechnungen hinweisen, die gerade gerichtlich überprüft werden.
Ebenfalls zu berücksichtigen ist die Tatsache, dass durch die schlechtere Bezahlung und die zahlreichen, von den privaten Anbietern beschäftigten Minijobbern (die im o.a. Tarifvertrag gesetzeswidrig benachteiligt werden), die Gemeinden in der Folge höhere Kosten im Bereich der Sozialleistungen zu tragen haben. Arbeitet jemand 40 Jahre auf diesem Lohnniveau in Vollzeit, erreicht er bei der Regelaltersrente nicht einmal das Hartz-IV-Niveau.
Aktuell hatten sich beim Wechsel zum privaten Busunternehmen Saar-Mobil massive Probleme ergeben, die zu zahlreichen Beschwerden führten und große Unzufriedenheit nicht nur bei den Kunden, sondern auch in den Kommunen auf-kommen ließ. Bis heute werden immer noch nicht alle Linien regelmäßig bedient, es kommt zu Strafzahlungen für die „günstigen“ privaten Anbieter. Das erste Ge-halt für die Beschäftigten wurde übrigens erst verspätet gezahlt.
Christian Umlauf, zuständiger Gewerkschaftssekretär von ver.di in Saarbrücken, fordert daher ein Tariftreuegesetz im Saarland, das vorschreibt, den Tarifvertrag anzuwenden, unter den die meisten Beschäftigten fallen. Darüber hinaus muss das Gesetz eine eindeutig festgeschriebene Personalüberleitung bei Neuverga-ben enthalten, damit das günstigste Angebot nicht durch die niedrigere Bezah-lung und die schlechteren Arbeitsbedingungen der Busfahrerinnen und Busfahrer entsteht.
Lesen Sie dazu auch
Beschäftigten im ÖPNV droht Altersarmut
Private Busunternehmer zahlen Spesen, aber wenig Lohn
Die Gewerkschaft ver.di weist die Argumentation des LVS (Landesverband Verkehrsgewerbe Saarland e.V.) entschieden zurück.
Der Unternehmerverein versucht den wahren Sachverhalt zu verschleiern. Tatsächlich sind die Löhne gegenüber den von ver.di im Tarifvertrag Nahverkehr ausgehandelten Entgelten nicht nur etwas, sondern deutlich niedriger. Die zum Ausgleich der Differenz gezahlten Spesen und Urlaubsgelder bringen ausschließlich den Arbeitgebern Vorteile, den Beschäftigten gereicht ein solcher Ausgleich auf Dauer zu großem Nachteil, denn so „sparen“ die Unternehmen die Zahlungen in die Rentenversicherung und die betriebliche Altersversorgung. Dies mutet in einer Zeit, in der immer mehr auf die Gefahr wachsender Altersarmut hingewiesen wird, fast zynisch an. Das Ergebnis solcher „Einsparungen“ führt für die Beschäftigten nach langen Berufsjahren unweigerlich zu einer niedrigeren Rente, die sich in Höhe des Existenzminimums bewegen kann.
Die Unternehmen sparen die Sozialversicherungsbeiträge und die verrenteten Busfahrerinnen und Busfahrer müssen sich zur Existenzsicherung auf den Weg zum Sozialamt machen. Das bedeutet in der Konsequenz, dass von Unternehmerseite wieder einmal versucht wird, Gewinne zu privatisieren und die Folgen aus dem eigenen Tun dem Sozialsystem aufzubürden. Aus diesem Grund kämpft die Gewerkschaft ver.di nach wie vor für die Anwendung des von ihr ausgehandelten Tarifvertrags Nahverkehr, der nach körperlich harten und verantwortungsvollen Berufsjahren auch die verdiente Rente sichert.
„Wenn die Kommunen heute dazu neigen, die Buslinien an private Unternehmen zu vergeben, die mit Spesenzahlungen als Lohnersatz nicht einmal für die wohlverdiente Rente zu sorgen gedenken, wird dies in den Folgejahren in einem großen Umfang auf die Gemeinden selbst zurückfallen“, so Thomas Müller, Geschäftsführer des ver.di Bezirks Region Saar Trier. „Denn all die Busfahrerinnen und Busfahrer, die sie jetzt aus Kostengründen nicht weiter angemessen bezahlen wollen, werden nach Beendigung ihrer Berufstätigkeit auf den Sozialämtern vorstellig werden.“
„Mit etwas Weitsicht sollten die Kommunen begreifen, dass eine Privatvergabe von bisher kommunalen Tätigkeiten ohne Lohnsicherung bei den Beschäftigten ein Schlag ins eigene Gesicht werden wird“, warnt auch Christian Umlauf, zuständiger Gewerkschaftssekretär für den Fachbereich Verkehr im ver.di Bezirk Region Saar Trier.
„Was den Kommunen heute zu teuer scheint, wird in der Zukunft noch entschieden teurer werden, wenn die privaten Unternehmen ihre Gewinne auf dem Rücken der Beschäftigten und zu Lasten der Solidargemeinschaft machen können“, so Thomas Müller zum Schluss.
Dies ist eine redaktionelle unbearbeitete Pressemitteilung der Ver.di Saar-Trier.