Verfassungsgerichtshof gibt Verfassungsbeschwerde statt

Verfassungsgerichtshof gibt Verfassungsbeschwerde gegen Verurteilung wegen eines Rotlichtverstoßes statt. Verfassungsgerichtshof gibt Verfassungsbeschwerde statt

Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes hat der Verfassungsbeschwerde eines wegen eines Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße verurteilten Lkw-Fahrers stattgegeben. Gegen den betroffenen Lkw-Fahrer war wegen eines in Saarbrücken begangenen Rotlichtverstoßes mit Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldbehörde des Landesverwaltungsamtes eine Geldbuße von 90 € festgesetzt worden. Gegen den Bußgeldbescheid legte der Lkw-Fahrer Einspruch ein und beauftragte zur Überprüfung der Richtigkeit der mit einer Überwachungsanlage durchgeführten Rotlichtmessung privat einen Sachverständigen. Dieser benötigte zur Durchführung der Überprüfung verschiedene Messdaten der Überwachungsanlage. Die von dem Lkw-Fahrer beauftragte Rechtsanwältin beantragte die Herausgabe dieser Daten. Diese wurden ihr von der Stadt Saarbrücken in elektronischer Form – allerdings verschlüsselt und nicht vollständig – übermittelt. In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht beantragte die Rechtsanwältin des Betroffenen, das Verfahren auszusetzen, bis ihr die gewünschten Daten vorlägen. Dies lehnte das Amtsgericht ebenso ab wie einen weiteren Antrag der Rechtsanwältin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens, der darauf abzielte, dass kein standardisiertes Messverfahren vorliege, da ein Standorteichschein der Überwachungsanlage nicht vorhanden sei. Das Amtsgericht verurteilte den Lkw-Fahrer sodann zu einer Geldbuße von 90 €. In den Gründen des Urteils wurde ausgeführt, aus anderen Verfahren sei gerichtsbekannt, dass ein Standorteichschein existiere, auch wenn sich dieser nicht bei den Akten befunden habe. Den gegen das amtsgerichtliche Urteil eingelegten Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde des Lkw-Fahrers verwarf das Saarländische Oberlandesgericht als unbegründet. Der gegen die gerichtlichen Entscheidungen erhobenen Verfassungsbeschwerde des Lkw-Fahrers hat der Verfassungsgerichtshof stattgegeben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass das Amtsgericht das Verfahren bis zur Herausgabe der Messdaten hätte aussetzen sowie sicherstellen müssen, dass eine Herausgabe dieser Daten seitens der Verwaltungsbehörde nicht verwehrt wird. Denn da zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht diese Daten der Rechtsanwältin und dem Sachverständigen nicht vorlagen, konnte eine effektive Verteidigung mit Vortrag von Messfehlern – wenn diese aufgetreten sein sollten – nicht vorbereitet werden. Es liegt daher ein Verstoß gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens und des rechtlichen Gehörs vor. Gleiches gilt, soweit das Amtsgericht in der Hauptverhandlung nicht auf die Existenz des Standorteichscheins hingewiesen hat. Denn dieser befand sich nicht in der Verfahrensakte, wurde aber gleichwohl im Urteil verwertet. Wäre das Vorhandensein der Standorteichung in der Hauptverhandlung zur Sprache gekommen, hätte der von dem betroffenen Lkw-Fahrer beauftragte Sachverständige den Eichschein prüfen können. Wenn aus dem Eichschein ein der Eichung anhaftender Mangel ersichtlich gewesen wäre, wäre die
Vermutung der Richtigkeit des standardisierten Messverfahrens schon aus diesem Grunde entfallen.

text.Verfassungsgerichtshof des Saarlandes
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red.zbs