Hier möchten wir auf das vorgehen der einzelnen Privaten Postdienstler hinweisen, die alle wohl zeitgleich Insolvenz angemeldet haben als der Postmindestlohn vom 9.50 € in kraft getreten ist.
Zufall ????
10.01.2008 Die PIN Group AG hat Anfang Januar 2008 für 7 weitere Niederlassungen in Deutschland Insolvenzanträge eingereicht. Betroffen sind die Niederlassungen in Langenfeld (Rheinland), Aldenhoven (Aachen), Borken (Westfalen), Schwerin, Mainz und 2 Niederlassungen in München. Wie PIN-Unternehmenssprecher Thomas Schulz am 8. Januar 2008 in Düsseldorf erklärte, sind damit insgesamt 17 Gesellschaften des Unternehmens mit 3.100 Mitarbeitern in einem vorläufigen Insolvenzverfahren.
Bis Ende 2007 hatte das Unternehmen für 10 Niederlassungen einen Antrag auf Zahlungsunfähigkeit gestellt. Spätestens bis Ende Januar will der neue Vorstandsvorsitzende und Sanierungsexperte Horst Piepenburg die insolvenzrechtlichen Prüfungen abgeschlossen haben. Schulz hob ausdrücklich hervor, die Insolvenzanträge bedeuteten keineswegs das Aus für die Standorte. „Die Niederlassungen stehen stabil im vorläufigen Insolvenzverfahren”, betonte er.
Postdienste-Arbeitgeber ziehen gegen Mindestlohn vor Gericht
09.01.2008
Der Bundesverband der Kurier-, Express-, Postdienste (BdKEP) will den Mindestlohn für Briefzusteller gerichtlich kippen lassen und hat nach eigenen Angaben beim Verwaltungsgericht Hamburg eine Klage gegen das Bundesarbeitsministerium wegen der Verletzung der Tarifautonomie eingereicht. Die Mindestlohn-Verordnung, die am 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist, verletze die Rechte der Verbandsmitglieder. Gleichzeitig sei der Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Einführung des Mindestlohns beantragt worden.
Der BdKEP hat am 12. Dezember 2007 mit der Gewerkschaft Neue Brief- und Zustelldienste (GNBZ) einen eigenen Tarifvertrag über Mindestlöhne von 6,50 Euro pro Stunde in Ostdeutschland und 7,50 Euro im Westen abgeschlossen. Da die Mitgliedsfirmen tarifgebunden seien, dürfe kein anderer Tarifvertrag per Rechtsverordnung gelten, argumentiert der Verband. Die Politik wolle den BdKEP-Mitgliedern daher einen Tarifvertrag aufzwingen, der nur für rund 4.000 Arbeitnehmer von Tochterfirmen der Deutschen Post geschlossen wurde. Dies sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Der mit dem Arbeitgeberverband Postdienste e.V. konkurrierende Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste prüfte Anfang Januar noch eine mögliche Klageerhebung. Vorerst setzt der Verband unter der Leitung von Florian Gerster auf eine politische Lösung. Schon im Dezember 2007 hatte er beim Bundesarbeitsministerium beantragt, seinen eigenen Tarifvertrag über Mehrwertbriefdienste ebenfalls für allgemeinverbindlich zu erklären.
Beide Aktionen hängen nach Expertenmeinung davon ab, ob die neu gegründete Gewerkschaft GNBZ tariffähig ist. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) bezweifelt dies. Die GNBZ habe keine soziale Durchsetzungsfähigkeit und keine echten Gegner. Das Amtsgericht Köln habe sich geweigert, die Gewerkschaft in das Vereinsregister einzutragen. Die Gruppierung habe einen „Gefälligkeitstarifvertrag” mit dem Arbeitgeberverband NBZ geschlossen, der nur das Ziel verfolge, den Mindestlohn zu unterlaufen.
TNT Post verweigert den Mindestlohn
TNT Post
10.01.2008
Während die PIN Group AG Anfang Januar 2008 noch prüfte, wie sie die geforderten Entgelte des Mindestlohns in ihren 91 Einzelgesellschaften finanzieren kann, weigerte sich die TNT Post grundsätzlich, den allgemeinverbindlichen Mindestlohn zu zahlen. TNT Post begründete dies damit, sie gehöre zu einer eigenständigen Branche, nämlich den „Mehrwertdienstleistern”. Für die gebe es seit Dezember 2007 einen speziellen Tarifvertrag mit Mindestentgelten von lediglich 7,50 Euro (West) und 6,50 Euro (Ost).
Wie viele TNT-Tochterunternehmen sich dieser Argumentation anschließen, konnte eine Konzernsprecherin nicht sagen. Mindestens die Tochter Citipost Bremen (51 Prozent TNT Post-Anteil) hält sich daran: Radio Bremen machte jedenfalls eine „Ergänzung zum Arbeitsvertrag” publik, die Citipost ihren 230 Beschäftigten zugeschickt hatte. Darin werden die bisherigen „Mitarbeiter in der Postzustellung” neuerdings umfirmiert in „Mitarbeiter im Bereich der Mehrwertdienstleistung”. Damit – so Citipost – gilt für diese Mitarbeiter der vorgeschriebene Post-Mindestlohn nicht.
15.01.2008
Auch die Tochter die Post Zustell Service PZS Saar GmbH hat ihren Betrieb zum 31. März 2008 eingestellt.
Die Post Zustell Service PZS Saar GmbH stellt ihren operativen Betrieb zum 31. März 2008 ein und muss deshalb alle 193 Mitarbeiter entlassen. Die reine Briefzustellung ist für die Saarbrücker Zeitung Verlag und Druckerei GmbH nicht mehr rentabel, erklärte am 14. Januar 2008 der Vorsitzende der Geschäftsführung, Thomas Rochel. „Die Höhe des Post-Mindestlohns von 9,80 Euro und die wettbewerbsverzerrende Mehrwertsteuerbefreiung der Deutschen Post machen eine wirtschaftliche Fortführung des Geschäfts der Briefzustellung unmöglich. Wir stellen aber sicher, dass alle Briefe, die wir über die saarländische PIN-Tochter Regio Print Vertrieb RPV und ihrer Marke Saarriva erhalten, weiter zugestellt werden.” Die RPV ist seit Dezember 2007 in Insolvenz, arbeitet aber weiter.
Die Ursache für die PZS-Schließung liegt nach Ansicht von ver.di-Landeschef Alfred Staudt nicht beim Post-Mindestlohn. „Die Aufgabe, ein logistisches Unternehmen aufzubauen, ist wohl unterschätzt worden”, so Staudt.
Brief Aktiv stellt Betrieb ein
15.01.2008
Der Postdienstleister „Brief Aktiv”, Tochterunternehmen des Heinrich-Bauer-Verlags, stellte am 15. Januar 2008 seinen Betrieb ein. Nach Angaben des Unternehmens liegen die Gründe im von der Bundesregierung verabschiedeten Entsendegesetz und den damit verbundenen Mindestlöhnen.
PIN soll komplett an Investor verkauft werden
22.01.08
Die PIN Group AG soll saniert und vollständig erhalten an einen Investor verkauft werden. „Wir haben nur solche Interessenten in die Liste aufgenommen, die die ganze Gruppe kaufen würden”, sagte der Vorstandsvorsitzende Horst Piepenburg der Presse Anfang Januar 2008. Es lägen Anfragen von inländischen und ausländischen strategischen Investoren und von Finanz-Investoren vor.
Die noch vom alten Vorstand angekündigten Maßnahmen seien gestoppt worden. Der Sanierungsexperte Piepenburg will alle Chancen des Insolvenzrechts nutzen, um das Unternehmen wieder in ruhiges Fahrwasser zu lenken. „Wir prüfen, ob wir Sanierungsmaßnahmen schneller umsetzen können”, erklärte er weiter. Hierzu gehörten die Finanzierung der Löhne aus Insolvenzgeld und die Möglichkeit, bestehende Verträge schneller zu lösen. PIN werde gezielt im Mittelstand um neue Kunden werben. Seit Oktober 2007 seien mehr als 500 neue Kunden gewonnen worden.
Post-Konkurrenten ziehen wegen des Mindestlohns vor Gericht
24.01.08
Zahlreiche Post-Konkurrenten – so die TNT Post, die PIN Group AG und der BdKEP wollen den Mindestlohn für Briefzusteller juristisch aushebeln. „Unser Unternehmen hat eine entsprechende Klage beim Verwaltungsgericht Berlin eingereicht”, sagte eine Sprecherin von TNT Post.
Die PIN Group, von deren 91 Tochterfirmen Ende Januar 37 Insolvenz angemeldet hatten, fuhr dabei eine Doppelstrategie. PIN-Chef Horst Piepenburg erklärte am 23. Januar 2008, PIN zahle ab sofort den gesetzlichen Mindestlohn. Noch unter seinem Vorgänger Günter Thiel hatte PIN vor Weihnachten 2007 gerichtliche Klage gegen den Mindestlohn eingereicht. „Wir prüfen, ob wir dieses Verfahren weiter verfolgen oder einstellen werden”, sagte ein PIN-Sprecher. Dass sich PIN zunächst dem „staatlich verordneten Lohndiktat” (Piepenburg) stellen wird, resultiert vor allem aus dem Insolvenzrecht. Bis zu 7.500 PIN-Beschäftigte in den 37 insolventen Tochterfirmen erhalten Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit. Die Behörde muss sich dabei an die vorgeschriebenen Mindestlohnstandards halten. Dieses Insolvenzgeld werde allerdings nur aus Arbeitgeberbeiträgen an die Berufsgenossenschaften finanziert, betonte Piepenburg. Die Steuerzahler würden daher nicht belastet. Quelle: post-und-telekommunikation